Eine Geschichte von kleinen Engeln und einem unbezwingbaren Willen
- Stephanie Brandl
- 24. Juni 2024
- 2 Min. Lesezeit
Aktualisiert: 30. Juni 2024
Im Rückblick auf das vergangene Jahr freue ich mich sehr, auf viele Erfolgserlebnisse zurückschauen zu können. Eines davon, welches mir am Herzen liegt, möchte ich gerne mit euch teilen:
Vor genau einem Jahr war mein Patient Herr S. sehr krank und lag im Bett. Er konnte nicht mal mehr aufrecht sitzen. Woche für Woche begleitete ich ihn und wir haben jede kleine Bewegung geübt und trainiert. Es war eine anstrengende Zeit, aber Herr S. hielt durch. Er vertraute mir blind und befolgte meine Anweisungen. An seiner Seite stand stets seine Frau, und gemeinsam übten sie unermüdlich. Langsam kamen wir immer wieder einen kleinen Schritt weiter. Zuerst das selbstständige Aufstehen, ein paar Schritte im Zimmer, dann im Haus. Endlich konnte Herr S. wieder bei seiner Familie im Wohnzimmer sein.
Im Sommer wagten wir sogar schon kleine Spaziergänge mit dem Rollator im Freien. Im Herbst, bei meinem letzten Besuch, spazierte er freihändig zum Haus seines Sohnes, klingelte und verkündigte freudig: "Jetzt bin i wieder da" .... Das Strahlen in seinem Gesicht steckte uns alle sofort an. Zur Feier des Tages haben wir sogar noch das Tanzbein geschwungen und wir spürten alle eine immense Freude.
Er sagte zu mir, dass ich sein Engel wäre, dass er wusste, wenn ich da bin, könne ihm nichts passieren und alles würde gut werden. Diese Worte haben mich sehr berührt. Engel wurde ich noch nie genannt. Etwas Schöneres könnte man mir als Therapeutin nicht sagen. Ich habe ihm lediglich den Weg vorgegeben, aber nur sein starker Wille, seine positive Einstellung und große Lebensfreude haben ihn so weit gebracht. Ich gab ihm lediglich den Weg vor, doch den oft steinigen Weg hat er eigenständig zurückgelegt. Mein lieber Patient Herr S. hat bewiesen, was es heißt selbst Verantwortung für die eigene Gesundheit zu übernehmen und dass man alles erreichen kann, wenn man an sich selbst glaubt und nicht aufgibt.
In solchen Momenten liebe ich meine Job so sehr. Ich bin unendlich dankbar, ihn auf dieser Reise begleitet zu haben.
Heute habe ich mich mal wieder bei ihm gemeldet um frohe Weihnachten zu wünschen und erfahren, dass Herr S. super fit ist, regelmäßig seine Spaziergänge genießt und seiner Frau immer mal wieder gerne eine Tasse Kaffee serviert.
Warum teile ich diese Geschichte mit euch?
Nun ja, im Grunde ist es lediglich meine Job, und zahlreiche Therapeuten üben diesen Job täglich aus. Ich bin einfach sehr glücklich darüber, dass sich Arbeit bei mir nicht jeden Tag wie eine Pflicht anfühlt. Klar, ich verdiene damit mein Geld, aber es macht mich auf eine Art und Weise reich – nicht finanziell, sondern vor allem wegen den coolen Momenten, die tief im Herzen verankert bleiben, reicher als Geld mich je machen könnte.
Comments